C o i n c i d e n t i a

Zeitschrift für europäische Geistesgeschichte

 

 

Vorwort Beiheft 2

Der vorliegende Band vereint zwei formal unterschiedliche, der Sache nach aber zusammengehörige Projekte. Auf der einen Seite bietet er die Diskussion, welche den zweiten Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Projektes "Werte-Bildung in Europa" enthält. Die erste Diskussion ist bereits unter dem Titel "Werte-Bildung in Europa", von Harald Schwaetzer und Matthias Vollet herausgegeben, als Beiheft 1 der "Coincidentia" im Jahre 2012 erschienen. Die zweite Diskussion ist das Ergebnis einer Tagung vom 15. bis zum 17. Juni 2012 an der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte in Bernkastel-Kues. Diese Tagung fand zugleich in Verbindung mit den 3. Kueser Gesprächen statt, welche gleichfalls dem Thema der Bildung gewidmet waren. Sie sind mit dem Hauptbeitrag von Dr. Wolfgang Thierse inzwischen unter dem Titel "Bildung. Das Erbe des Nikolaus von Kues" von Ulf Hangert, Wolfgang Port und Karl B. van Lier publiziert (2012). Darin enthalten ist auch eine Podiumsdiskussion, auf die in der Diskussion im vorliegenden Band gelegentlich Bezug genommen wird. Gleichfalls zu diesem Projekt gehört der längere Beitrag von Harald Schwaetzer am Schluss des Bandes. Er bündelt, aufruhend auf den beiden Diskussionen und den Thesen zur Bildung, die bereits nach der ersten Tagung im genannten Band vorgelegt worden sind, sowie auf den weiteren Beiträgen des Bandes fünf Felder Fragenden Denkens, die der konkreten Bearbeitung bedürfen, weil auf ihnen im Moment Bildungsentscheidungen getroffen werden, die nicht als vor dem Horizont der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte reflektiert ausgewiesen werden können und deren Behandlung eine der Voraussetzungen dafür sein dürfte, in einigen Jahren richtige Fragen stellen zu können. Zugleich bedient sich der genannte Aufsatz der Methode des Fragenden Denkens. Sie ist Gegenstand des zweiten Projekts. Martin Thomé, Harald Schwaetzer und Henrieke Stahl haben bereits 2007, dankenswerterweise gefördert von der Gerda Henkel Stiftung, eine kleinere Gesprächstagung in einem offenen Format dazu durchgeführt. Wiederum dank der Großzügigkeit der Gerda Henkel-Stiftung, insbesondere von Herrn Dr. Hanssler, konnte vom 17. bis zum 19. August 2012 eine Fortsetzung an der Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte stattfinden. Die Methode des Fragenden Denkens, die im einleitenden Beitrag aphoristisch vorgestellt wird, fußt dabei auf der Einsicht, dass Erkennen eine Form des Handelns ist (und steht damit natürlich in guter philosophischer Tradition). Als sie das erste Mal bedacht wurde, gab es beispielsweise die Kueser Akademie für Europäische Geistesgeschichte noch nicht, und das Fortdenken der Methode hat nicht zuletzt wesentlich dazu beigetragen, die Akademie ins Leben zu rufen und ihr ein methodisches Profil zu geben. Aus der genannten Tagung vom August 2012 heraus sind nun die in diesem Band abgedruckten Beiträge entstanden. Claus Artur Scheier wendet das Fragende Denken auf die europäische Geistesgeschichte selbst zurück. Nach dieser Rückbesinnung auf die eigene Wurzel folgen zwei Beiträge von Kazuhiko Yamaki und Hiroko Masumoto, die sehr konzentriert und an einem Beispiel die Methodik Fragenden Denkens aus der östlichen Tradition heraus beleuchten. Die folgenden drei Beiträge (Henrieke Stahl für die Literaturwissenschaft, Silja Graupe für die Wirtschaftswissenschaft und Bernhard Schmalenbach für die Heilpädagogik) geben Anwendungsbeispiele der Methode für bestimmte akademische Disziplinen und zeigen damit Originalität und Leistungsfähigkeit derselben. Es wird daran auch deutlich, dass es nicht um eine genormte Methode geht, sondern dass Fragendes Denken sich selbst je aus der Beziehung her konstituiert. Eine außerakademische Perspektive nimmt der Beitrag von Michael Schellberg ein. Zu danken ist vor allem den beiden schon genannten Förderern, der Gerda Henkel Stiftung und insbesondere dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Dank gebührt darüber hinaus dem Geschäftsführer der Kueser Akademie, Herrn Dr. Matthias Vollet.

Epiphanias 2013 Harald Schwaetzer

 

© 2015 Kueser Akademie